Büchner

Georg Büchner ist bereits vor 181 Jahren gestorben, doch seine Werke sind immer noch aktuell. Die Themen Religion, Tod und Revolution beschäftigen die Menschheit auch heute. Aus diesem Grunde sind Büchners Werke Bestandteil des Deutschunterrichts der gymnasialen Oberstufe und „Dantons Tod“ ist sogar Sternchenthema im diesjährigen Abitur. Um den Schülern die Welt Georg Büchners näher zu bringen, besuchte das Klassenzimmertheater THEATERmobileSPIELE am 16.01.2018 das Max-Born-Gymnasium Neckargemünd. Das Ein-Mann-Theater besteht seit 11 Jahren und führt die aktuelle Inszenierung im fünften Jahr auf. Es ist kein eindeutiger Handlungsstrang erkennbar, da sie diverse Auszüge aus Büchners Werken miteinander verknüpft. Das Bühnenstück gibt den Schülern eine völlig neuartige Möglichkeit, den bedeutenden deutschen Schriftsteller Büchner zu begreifen. Der erfahrene Schauspieler Rüdiger Hellmann verkörpert im Stück „Büchner. Die Welt. Ein Riss.“ verschiedene Charaktere aus den Werken des jungen Schriftstellers und Revolutionärs und lässt anhand von Briefen und Passagen eine vielschichtige theatrale Textur entstehen. Dies wird perfekt in Szene gesetzt vom Regisseur und Gründer des Klassenzimmertheaters, Thorsten Kreilos. Zusammen mit der Bühnenbildnerin Silvia Maradea entwarf er eine Bühne, die mit dem Inhalt des Stücks stets korreliert. Der limitierte Raum, welcher dem Schauspieler zur Verfügung steht, wird effektiv genutzt. Es werden Naturmaterialien, wie Holz und Jute, mit Kunstoffen in Form von Folien und Planen kontrastiert. Durch Zerreißen des Bühnenbilds im Verlaufe des Stücks verändert der Schauspieler ständig die Gestalt seines Spielraums und interagiert mit seinem Umfeld. Somit wird Schritt für Schritt die von Georg Büchner empfundene Leere und Verlassenheit in Form von totem Holz und schwarzen Plastikplanen freigelegt. Die Bühne ist genauso vielschichtig wie Büchner selbst. Abhängig von der Perspektive können seine Werke in vielerlei Hinsicht gedeutet werden.

Die ständig wiederkehrenden Motive wie Ruhe, Wahnsinn und kindliche Unschuld werden im Theaterstück eindrucksvoll mit Zitaten aus „Dantons Tod“, „Woyzeck“ und „Lenz“ in Verbindung gebracht. Carl Oppelt zeigte sich davon besonders beeindruckt: „Dank der guten Vorbereitung im Unterricht war es mir möglich, nahezu alle Referenzen zu erkennen und einem der Werke zuzuordnen.“ Die Inszenierung als Ein-Mann-Theater schafft eine intime Atmosphäre. Obwohl der Schauspieler mit der vierten Wand spielt, also so agiert, als wäre das Publikum nicht existent, soll es keine „kommunikative Einbahnstraße“ geben und emotionale Reaktionen des Publikums sind ausdrücklich erwünscht. Durch den eindrucksvollen Gebrauch seiner Stimme, intensiven Blickkontakt mit jedem einzelnen Zuschauer und seiner phänomenalen Bühnenpräsenz zieht Rüdiger Hellmann die Schüler in seinen Bann. Hannah Eggert meinte dazu: „Eine unglaubliche schauspielerische Leistung!“ Da der Schauspieler eine Vielzahl an Charakteren verkörpert, alterniert er zwischen verschiedenen Rollen. Verdeutlicht werden die Wechsel durch seine Mimik, eine veränderte Stimme, diverse Körperhaltungen und auserlesene Requisiten. So hat zum Beispiel Woyzeck ein Halsband mit Leine an, ein Symbol für seine Abhängigkeit. Im besonderen Maße hervorzuheben ist der Einsatz einer blauen Maske und einer Säuglingspuppe. Die Puppe, eine „Bedeutungslasagne“ – so der Regisseur über ihre Vielschichtigkeit – , wird in vielerlei Zusammenhang miteinbezogen. Sie steht beispielsweise für die Revolution, die Enttäuschung von Gott und der daraus resultierenden Annäherung an den Atheismus, für Büchner selbst oder für ein einsames, von der Welt enttäuschtes Kind.

Als dramatisches Ende wird die Puppe guillotiniert, eine Anspielung auf die tragische Handlung von „Dantons Tod“ (Tod Dantons durch die Guillotine), „Lenz“ (Tod des Kindes) und dem Scheitern der Revolution in Deutschland.

Thorsten Kreilos‘ Inszenierung ist eine Collage aus Büchners Œuvre und verbindet die einzelnen Werke auf eindrucksvolle Art und Weise. Die geniale Idee und die beeindruckende Umsetzung kamen bei den Schülern sehr gut an, so sagte Justus Wiese: „Ich bin immer noch begeistert vom Ein-Mann-Theater! Ich habe mich selten so angesprochen gefühlt und habe außerdem das Gefühl, Büchner jetzt noch besser zu verstehen.“ Den Schülern wurde ein besonderer Einblick in die Welt des bedeutenden deutschen Autors gewährt, was sie zum Nachdenken über die entscheidenden Themen des Lebens anregte und ihnen neue Impulse für das Sternchenthema „Dantons Tod“ gab.

Abschließend möchten wir Schüler uns herzlich beim Freundeskreis bedanken, der den Theaterbesuch finanziell unterstützte und somit allen Schülern die Teilnahme ermöglichte.

Leander Schlüchtermann, Gero Fehn