Lernen lernen

Die Baustelle in Lingental ließ grüßen: Lerncoach Steffen Steitz vom gemeinnützigen Verein „LVB Lernen e.V.“ aus Berlin, der sich für eine gute Bildung und Chancengleichheit einsetzt, musste ungeplant einen großen Umweg auf sich nehmen. Derweil sprang Florian Günzel, Beratungslehrer am MBG ein und zeigte den wartenden Zuhörern anhand des Schuljahresplaners auf, wie das Thema „Lernen lernen“ am MBG gehandhabt werde.

Nachdem Steitz – die vielen Baustellen der Region nun kennend – angekommen war, referierte er: „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Wir nutzen nur einen Bruchteil der Kapazitäten unseres Gehirns und bei geringem Training schrumpft die Lernkapazität.“

Über 70 Zuhörer waren der Einladung von Diana Paulus vom Gesamtelternbeirat Neckargemünd zu Steitzs Vortrag mit dem Thema „Lernen lernen“ in die Aula des Schulzentrums gefolgt. Nachdem Steitz die neurologischen Zusammenhänge erklärt hatte, durften die Besucher anhand von eindrücklichen Aufgaben und Tests selbst herausfinden, wie Lernen am besten funktioniert. Ganz nebenbei gab es zahlreiche Tipps wie die eigenen Kinder beim Lernen unterstützt werden können, denn die Eltern spielen beim erfolgreichen Lernen eine entscheidende Rolle, so Steitz. Das wichtigste sei, dass das Gelernte ins Langzeitgedächtnis übertragen werde. Hierfür benötigt das Gehirn viele Wiederholungen des Lernstoffs, doch wenige Minuten täglich reichen aus. Außerdem sollte vor und nach dem Lernen kein Medienkonsum erfolgen, denn dann funktioniert die Übertragung ins Langzeitgedächtnis weniger gut. Steitz empfahl auf eine ordentliche Struktur des Lernstoffs zu achten, z.B. in den Schulheften, und den Lernstoff in Kategorien zu unterteilen. Beim Lernen helfen Reime, Raps und Lernvideos, denn durch sie werden mehrere Sinneskanäle angesprochen. Kurze Wiederholungsrituale sollten täglich stattfinden und Steitz empfiehlt, bereits in der Grundschule damit zu beginnen. Auch am Ende der Ferien ist es sinnvoll, wieder mit dem Auffrischen des Lernstoffs zu beginnen.

Wichtig ist, dass Eltern und Pädagogen wissen: jeder hat einen anderen Zugang zum Lernen. Jedes Kind ist ein Mischtyp aus vier verschiedenen Lerntypen:

  • Der logisch-abstrakte Lerntyp hat eine schnelle Auffassungsgabe, ist sehr ehrgeizig und kompetitiv. Er arbeitet strukturiert und stellt sich gerne Herausforderungen.
  • Der sicherheitsliebende Lerntyp ist sehr ordentlich, braucht gute Strukturen und ist eher still.
  • Der emotionale Lerntyp ist ein langsamer Lerner, der Geborgenheit, Lob und Ermutigung braucht. Er neigt zu Selbstvorwürfen und Resignation.
  • Der kreativ-chaotische Lerntyp ist sehr fantasievoll, dabei jedoch oberflächlich und unordentlich. Strukturen liegen ihm fern.

Steitz empfahl seinen Zuhörern, die Stärken der Lernenden immer in den Vordergrund zu stellen und nicht die Schwächen. Alles müsse positiv formuliert werden, was nicht immer leicht sei. Positive Lernerfahrungen führen zu Erfolgserlebnissen und damit zu einer gesunden Einstellung dem Lernen gegenüber, so Steitz. In „Stressfächern“ sei es besser Nachhilfe zu organisieren, als den Familienfrieden in Gefahr zu bringen.