Berlinfahrt 2023

Im Zeitraum vom 22.05. bis zum 26.05.2023 unternahmen die Schüler der zehnten Klasse ihre traditionelle Klassen- bzw. Bildungsfahrt nach Berlin. Wir unternahmen viele Ausflüge, unter anderem zum Bundestag oder zur berühmten Berliner Mauer, welche einst Ost- von Westberlin trennte. Trotz der vielen Ausflüge gab es jedoch auch ausreichend Freizeit, in der man die Stadt selbstständig erkunden konnte.

Die Fahrt begann am Montag, den 22.05. in Neckargemünd. Durch die direkte Zugverbindung von Mannheim aus kamen wir nach nur sechs Stunden in der Hauptstadt an. Als Erstes checkten wir ins Hotel ein und jeder Gruppe wurde ein passendes Zimmer zugewiesen. Nach einigen Stunden Freizeit ließen wir den Tag mit einer Stadtrundfahrt per Bus ausklingen, bei der wir einige interessante Fakten und Informationen erfahren haben und einen Zwischenstopp am Brandenburger Tor machten. Mit Vorfreude auf die nächsten Tage gingen wir zurück ins Hotel und so endete unser erster Tag.

Für Dienstag, den 23.05. hatten die Lehrer einiges geplant: Wir sollten den deutschen Bundestag und das Stasigefängnis in Hohenschönhausen besichtigen. Nach dem Frühstück um 7:00 Uhr wurden wir in zwei Gruppen geteilt und machten uns auf den Weg zum Bundestag. Dort angekommen, zeigte uns eine sehr gut informierte Dame die wichtigsten Details und klärte uns über die Architektur des großen stählernen Adlers auf. Danach sollte ein Gespräch mit dem Politiker Lars Castelluci stattfinden, dieser wurde jedoch krankheitsbedingt von einem Mitarbeiter vertreten. Er beantwortete uns Fragen zur allgemeinen Politik und legte die Berufsmöglichkeiten im Bereich Politik dar.

Am Nachmittag besuchten wir das Stasigefängnis in Hohenschönhausen. Auch hier erhielten wir eine Tour, um die Räume und Methoden der Stasi genauer kennenzulernen.

Am dritten Tag war ebenfalls viel geplant. Auf dem Plan standen eine Tour der “Berliner Unterwelten”, die Gedenkstätte Berliner Mauer und abends ein Besuch im Improvisationstheater. Die Tour am Vormittag durch den Fichtebunker ging ca. 60 Minuten und führte durch den 1884 erbauten Unterkunftsschutz für Berliner im Krieg.

Nach zwei Stunden Freizeit fürs Mittagessen ging es in die Gedenkstätte Berliner Mauer. Die Führung an über 200m original Berliner Mauer und die wahren Geschichten über die Fluchten und Opfer der Mauer hat viele sehr betroffen gemacht.

Das abendliche Improvisationstheater in der Kulturbrauerei Kreuzberg bekam gemischte Bewertungen von den Schülern (und auch Lehrern), war jedoch trotzdem ein weiterer interessanter Programmpunkt und sorgte nach dem vielen politischen und geschichtlichen „Input“ für etwas Auflockerung.

Am Donnerstag, dem vierten und letzten Programm-Tag, brachen wir nach dem Frühstück in zeitlich gestaffelten Gruppen zum DDR-Museum auf.

Zwischen 9:00 und 12:00 Uhr bekamen dort die Gruppen jeweils eine Führung durch das interaktive Museum. Man konnte dort selbstständig entdecken, wie die Menschen in der DDR lebten und konnte sogar eine virtuelle Fahrt in einem originalen DDR-„Trabbi“ machen.

Daraufhin gab es (für die einen mehr, für die anderen weniger) Freizeit. Viele nutzten diese Zeit, um sich ihr Mittagessen zu besorgen oder durch die Umgebung zu spazieren, bevor es dann um 13:30 mit der “Topographie des Terrors” weiterging. Während der Führung lernten die Schüler viel über die Verbrechen der NSDAP im zweiten Weltkrieg und wie dort die Staatssicherheit und Polizei arbeiteten.

Als letztes ging es für die Schüler nach ein wenig Freizeit zur Spreerundfahrt. Mit schönem Ausblick konnte man vom Schiff aus viel über die umliegende Umgebung und die Gebäude lernen.

Am Tag der Abreise versammelten sich alle Schüler und Schülerinnen pünktlich um 9:00 Uhr, um gemeinsam zur Heimreise aufzubrechen. Bei der Fahrt holten die meisten den Schlaf der vergangenen Tage nach. Die Reise verlief problemlos, sodass wir wieder nachmittags zu Hause ankamen und in die Pfingstferien starten konnten.

Die Berlinfahrt war nicht nur eine sehr interessante Bildungsfahrt, sondern sie war auch eine Chance, als Freundesgruppen und als Schülergemeinschaft zusammenzuwachsen und seine Selbstständigkeit zu entdecken.

Louisa Chr., Lona, Natalie, Ebba, Lotte, Louisa N.

Hier noch ein paar einzelne Schülerstimmen:

Zum Bundestag: „Hat sich angefühlt, als wäre man eine wichtige Person wegen dem Sicherheitscheck und dem Gebäude, der Vibe war einfach “wichtig”.“

Zum Stasigefängnis Hohenschönhausen:Dadurch, dass im ehemaligen Stasi-Gefängnis alles aussah wie früher, konnte man die Situation der Gefangenen besser nachvollziehen.“

„Der Vibe davon war schon ziemlich komisch, aber mit Freunden geht‘s ganz ok.“

Zum Improtheater: „Obwohl ich bedenken hatte, dass das eher langweilig wird, war es überraschenderweise doch lustig und hat Spaß gemacht. Gut fand ich, dass die Schauspieler uns Schüler mit einbezogen haben und unsere Ideen dann auch so umsetzten, dass sie uns gefallen haben.“

„Das Improtheater war definitiv eines der Highlights unserer Berlinfahrt. Das lustige Stück, die tollen Schauspieler und die ausgelassene Stimmung haben den Abend perfekt gemacht.“

„Das war glaube ich meiner Meinung nach das Beste.“ 

„Es war sehr Lustig und unterhaltend.“

Zum DDR-Museum: „Mir hat das Museum sehr gut gefallen, weil man einfach einen sehr realistischen Einblick in das Leben in der DDR bekommen hat und selber viel ausprobieren konnte.“

Zum Fichtebunker: „Mitten in der Stadt steht ein Stück Geschichte, der ehemalige Bunker, welcher zu vielen verschiedenen Zwecken genutzt wurde. Für mich ein Gänsehaut-Erlebnis und das nicht vor allem aufgrund der Kälte, sondern aufgrund der realistischen Nachstellungen und der Berichte über die Zustände während Bombenangriffen, welche ein bedrückendes Gefühl hinterlassen haben.“

„Da war es extrem kalt und ich würde wahrscheinlich als einzigen der Programmpunkte nicht mehr reingehen, das Gefühlt war einfach extrem bedrückend, weil wirklich gar kein Licht reinkam. Hat sich angefühlt, als wär man unter der Erde.“

Zur Gedenkstätte Berliner Mauer: „Fand ich ziemlich interessant und der Rasen war auch sehr gemütlich, nachdem wir da hingehetzt sind. Sehr angenehm, mal zu sitzen während der Führung.“

Zur Spreerundfahrt: „Die Leute waren mehr mit Winken beschäftigt als mit Zuhören, was ich sympathisch fand.”

„Die Spreerundfahrt war sehr schön und interessant.“

„Da läuft noch viel (alkoholfreies) Bier die Spree herunter…“

Wie war das Leben in der DDR?

„Ihr lebt in einer Demokratie, das ist die einzige Gesellschaftsform, die ihr kennt und ihr genießt eine ziemlich große Meinungsfreiheit. Auch wenn wir natürlich nicht im Paradies leben, ist unser Leben in der BRD sehr viel besser als alles, was man in der DDR erlebt hat! Sorgt in eurem Leben dafür, dass die Demokratie weiter besteht – alle Alternativen sind schlechter,“ rüttelte Rainer Eppelmann die Kursstufenschüler des MBG bei seinem Vortrag am 29. September wach. Eppelmann war, nachdem er im DDR-Regime als Oppositioneller für Aufsehen gesorgt hatte, 1990 Minister für Abrüstung und Verteidigung in der letzten, einzig frei gewählten DDR-Regierung.
Er schilderte den Jugendlichen eindrücklich und lebendig, wie repressiv das Leben in der DDR für Menschen war, die frei ihre Meinung sagen wollten und nicht einverstanden waren mit der Diktatur. Nicht nur aus seinem eigenen Leben, sondern auch aus dem Leben seiner Weggefährten berichtete er, wie schwierig und gefährlich es war, sich für Bürgerrechte und freie Wahlen einzusetzen.
Immer wieder richtete er die Frage an die Schüler: „Was macht das aus Menschen, die nur studieren dürfen oder ein Auto kaufen dürfen oder berufliche Aufstiegschancen haben, wenn sie treu der Staatslinie folgen? Was macht das aus Menschen, wenn sie jeden Tag indirekt erpresst werden, treue Untertanen zu sein?“
Zeit seines Lebens hat sich Rainer Eppelmann politisch engagiert und mit klugen Taktiken und Hartnäckigkeit dafür gesorgt, dass letztendlich die Freiheit siegte. „Wir wollten eine völlig veränderte DDR. Wir wollten eine friedliche Revolution, eine totale Veränderung der Gesellschaft – ohne Tote und ohne Krieg. Wir wussten, dass wir ins Gefängnis kommen, wenn auch nur ein Fehltritt passiert – daher sind wir mit Kerzen in der Hand ganz friedlich marschiert.“ Deshalb und durch die großartigen Neuerungen durch Michail Gorbatschows Politik konnte die Deutsche Einheit letztendlich erreicht werden.
„Die Deutsche Einheit ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist uns auch nicht geschenkt worden von der UNO oder sonst jemandem. Nein, sie musste hart erkämpft werden!“, so Eppelmann.
Er erinnerte an die zigtausend DDR-Bürger, die bei ihren Fluchtversuchen erschossen, verwundet oder eingesperrt worden waren. Manche gingen absichtlich in den Knast, in der Hoffnung, dass sie von der BRD freigekauft werden. Demonstrationen waren nicht zu jedem Anlass erlaubt, so etwas wie Fridays for Future wäre niemals denkbar gewesen. Wenn man sich als Gruppe zusammentun wollte, musste man dies in der Kirche tun.
Eppelmann, der wegen seiner staatsfeindlichen Gesinnung kein Abitur machen durfte und nur zu einer Lehre als Dachdecker und später Mauerer zugelassen wurde, studierte später Theologie und war als Pfarrer tätig. Mehrere Male plante das Ministerium für Staatssicherheit die Ermordung des oppositionellen Pfarrers, doch die Attentate schlugen fehl.
Von 1990 bis 2005 war Rainer Eppelmann Mitglied des Deutschen Bundestags und seit 1998 ist er Vorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Schulleiter Joachim Philipp dankte Rainer Eppelmann sehr herzlich für den lebendigen Vortrag zum Leben in der Diktatur. Möglich gemacht hatte den Besuch Prof. Gert Weisskirchen, ehemaliger Abgeordneter im Bundestag.

„Es war keine Wende. Es war eine friedliche Revolution!“

Mit Rainer Eppelmann (Bürgerrechtler, ehemaliger Bundestagsabgeordneter, ehemaliger evangelischer Pfarrer) besuchte am 9. Oktober ein echter DDR-Zeitzeuge das Max-Born-Gymnasium, um vor den 10. bis 12. Klassen über die DDR, den Mauerfall und seine persönlichen Erfahrungen als Zeitzeuge zu sprechen.

In seiner Begrüßung berichtete Schulleiter Joachim Philipp, wie er als junger Geschichts-Student in Trier vor 30 Jahren staunend vom Mauerfall erfahren habe. Er dankte dem „Minister für Abrüstung und Verteidigung“ der letzten und einzig demokratisch gewählten Regierung der DDR dafür, dass er auf seiner Vortragsreise zum Thema „30 Jahre Mauerfall“ auch in Neckargemünd Station machte. Ermöglicht hatte den Vortrag dieses „Protagonisten der Wendezeit“ die Vermittlung des ehemaligen MDB Prof. Dr. Gert Weisskirchen.

„Wer von Ihnen hat schon einmal in einer Diktatur gelebt?“ fragte Eppelmann zu Beginn seines Vortrags die Oberstufenschüler. Alle Hände blieben unten. Sofort hatte er seine Zuhörerschaft in seinen Bann gezogen. Zunächst beglückwünschte Eppelmann die Jugendlichen dazu, dass sie ihr ganzes bisheriges Leben in einem freiheitlichen Staat zugebracht haben und wünschte ihnen, dass das auch so bleibe. „Der entscheidende Unterschied zwischen Ihnen und mir sind nicht die paar Jahre, die uns trennen. Der entscheidende Unterschied ist, dass ich vergleichen kann zwischen einem Leben in einer Diktatur und in einer Demokratie.“ Nach Ansicht Eppelmanns betrachten viele Menschen Demokratie als zu selbstverständlich und vergessen dabei, dass auch heute noch viele Menschen unter sehr viel schlechteren Umständen leben müssen. Er beschrieb plastisch, welche Einschränkungen das Leben in einer Diktatur birgt, sowie die Gefahr die entsteht, wenn Demokratie als zu selbstverständlich angesehen wird. Am Beispiel der Nazi-Diktatur führte Eppelmann zunächst aus, wie leicht eine extreme Stimmung in der Gesellschaft zu einer – zunächst demokratisch legitimierten – Diktatur führen könne und in direkter Folge zum Krieg. „Hitler wäre sogar noch während des Krieges wiedergewählt worden!“, verdeutlichte er die damals im Land herrschende Stimmungslage. Deutschland konnte sich von der Diktatur nicht selbst befreien, sondern „wir mussten von unseren Gegnern befreit werden.“ Daraus resultierte dann – neben der sich erholenden Bundesrepublik Deutschland in einer demokratischen Ordnung – auch die SED-Diktatur in der DDR, von der Eppelmann im nächsten Kapitel seines Vortrags bereichtete.

„Wenn Sie die Geschichte der letzten hundert Jahre betrachten, können Sie unsere Gesellschaft besser verstehen“, spannte er den Bogen von der Nazi-Diktatur zur DDR. Er erzählte davon, wie man sich nicht seinen eigenen Kleidungsstil aussuchen durfte. So wäre zu DDR-Zeiten die Hälfte der Schüler in der ersten Reihe aufgrund ihrer „kapitalistisch-imperialistischen Bekleidung“, nämlich Blue Jeans, heimgeschickt worden. Nicht einmal die Musik bei Veranstaltungen konnte frei gewählt werden – 70% mussten aus der DDR und anderen sozialistischen Ländern stammen. „Muss det Spaß jemacht ham, nach Musike zu tanzen, die man beschissen fand“, berlinerte Eppelmann.

Auch berufliche Karrieren waren dem jungen SED-Kader vorbehalten, und vor allem konnte man nicht frei seine eigene Meinung sagen. „Viele Menschen haben nur deshalb unter großen Gefahren die DDR verlassen, weil sie mehr Freiheit und Selbstbestimmung wollten!“ Als Bürger Ost-Berlins konnte er die in der DDR verbotenen Westfernsehsender ARD und ZDF empfangen und so jenseits der DDR-Propaganda vom Leben in der Bundesrepublik erfahren und seine eigenen Vergleiche zwischen West und Ost ziehen. Großen Wert legte er auf die Tatsache, dass das Ende der SED-Diktatur in der DDR durch den friedlichen Einsatz der Bürgerrechtler herbeigeführt wurde. „Es war die einzige Revolution ohne Blutvergießen!“ Daher sollte man, seiner Ansicht nach, die Geschehnisse von 1989/90 auch nicht verharmlosend als „Wende“ titulieren, sondern als „friedliche Revolution“ bezeichnen.

Für eine Fragerunde blieb leider nicht allzu viel Zeit, nahm Eppelmann sich doch viel Zeit, die gestellten Fragen der Oberstufenschülerinnen und -Schüler ausführlich zu beantworten. Nach seinen ganz persönlichen Erlebnissen und seinem eigenen Beitrag im Zusammenhang mit dem Mauerfall gefragt, verwies Eppelmann an die von ihm initiierten Friedenskreise in seiner Pfarrgemeinde. Er nannte hier auch die Blueskonzerte in seinen Gottesdiensten, die von bis zu 10 000 Menschen besucht wurden, da ansonsten westliche Musik in der DDR verboten war. Am Tag des Mauerfalls selbst erlebte er persönlich mit, wie der Schlagbaum an der Bornholmer Straße als erster Grenzübergang der DDR geöffnet wurde.

Einer seiner größten persönlichen Wünsche? „Ich möchte 93 Jahre alt werden. Dann könnte ich meiner zweiten Frau sagen: Ich habe ein Jahr länger in der Demokratie als in einer Diktatur gelebt.“ Sein Rat an die Jugendlichen: „Seid glücklich und begreift, dass euer gegenwärtiges Leben kostbar sein könnte. Ihr müsst es nur wollen.“ (Ann-Katrin Kugel/We)