Forschungsprojekt

Seit 10 Jahren beschäftigen sich verschiedene Forschungsprojekte mit der Geschichte der Bundesministerien in der NS-Zeit. Den Anstoß dazu gab Joschka Fischer, als er begann im Außenministerium „unter den Teppich zu gucken“. Ein neues „Denkwerk“, das von der Robert-Bosch-Stiftung unter dem Motto „Als Schüler kommen und als Forscher gehen.“ gefördert wird, trägt den Titel „Begegnungen vor Ort – Verwaltungsgeschichte und NS-Alltag“. Welche Bedeutung hatten die Landesministerien überhaupt noch? Wie hat das Herrschaftssystem der Nationalsozialisten nach unten hin funktioniert? Dieser lokalen Perspektive näher zu kommen, ist das Ziel der Kooperation des Lehrstuhls für Public History der Universität Heidelberg (Prof. Dr. Cord Arendes), des Forschungsprojekts „NS-Landesministerien in Baden und Württemberg“ (Prof. Dr. Frank Engehausen), des Max-Born-Gymnasiums Neckargemünd (StD Joachim Philipp, StR‘ Elli Plett) und des Bunsen-Gymnasiums Heidelberg.
Schülerinnen und Schüler des Seminarkurses „NS-Herrschaft in der Region“ des Max-Born-Gymnasiums setzen sich mit vielfältigen Themen wie „Widerstandskämpfer in der Region“, „Die Hitlerjugend in der Region“, „Euthanasie in der Region“, „Bücherverbrennung in Heidelberg“ oder „Schule im Nationalsozialismus“ auseinander. Sie müssen dafür zahlreiche historische Quellen studieren. Hilfe bekommen sie von ihren Lehrern Joachim Philipp und Elli Plett und von den studentischen Hilfskräften Julia Schönthaler und Vanessa Hilss sowie einigen Experten vor Ort wie zum Beispiel Dr. Hans-Werner Scheuing aus dem Arbeitskreis NS-„Euthanasie“ aus Neckargemünd. Die Schüler sind mit Feuereifer am Bearbeiten ihrer Themen: „Es ist extrem gut, dass wir so viel Hilfe bekommen und alle Archive nutzen können. Das Themengebiet ist wirklich interessant. Ich bin sehr froh, diesen Seminarkurs gewählt zu haben“, meinte eine Schülerin des Seminarkurses. Ein weiterer Kursteilnehmer schloss sich ihr an: „Wir lernen ausgezeichnet die Methodik des wissenschaftlichen Arbeitens kennen. Das ist wirklich viel Wert.“
Auch die Klasse 9b des MBG wird in das Projekt eingebunden werden und regionale Quellen zu den Themen Widerstand, Verfolgung, Schule und Jugend in der NS-Zeit untersuchen. Durch Schülernähe und regionale Perspektive werden Schüler unterschiedlicher Altersgruppen an die historische Forschung herangeführt. Im Sommer 2016 wird das Projekt mit einer Schülerkonferenz an der Universität Heidelberg enden. Hier dürfen die Schüler „Uni-Luft“ schnuppern und ihre Ergebnisse präsentieren.
Bereits am 28. Januar 2016 machte der Seminarkurs des MBG einen Ausflug ins Generallandesarchiv in Karlsruhe. Hier standen ihnen die studentische Hilfskraft Vanessa Hilss und Dr. Martin Stingl, Referent für den Nationalsozialismus im Generallandesarchiv Karlsruhe, zur Seite. Die Schülerinnen und Schüler durften Akten sichten und einscannen.
Am 16. Februar 2016 fand im Rathaus Neckargemünd ein Arbeitstreffen mit Prof. Dr. Cord Arendes, Prof. Dr. Frank Engehausen, der studentischen Hilfskraft Julia Schönthaler, Joachim Philipp und Elli Plett vom MBG, den Schülern des Seminarkurses, Kulturreferentin Doris Meyer zu Schwabedissen, Archivmitarbeiterin Verena Schmitt, Dr. Hans-Werner Scheuing von der Arbeitsgruppe NS „Euthanasie“ und Bürgermeister Horst Althoff statt. Horst Althoff freute sich sehr, „dass unsere Schule an diesem interessanten und wichtigen Projekt teilnimmt. Die Auswirkungen der NS-Zeit sind immer noch in unserer Gesellschaft zu spüren. Unsere Region ist eine spannende Ecke, die NSDAP hat hier teilweise 80% geholt. Ich möchte unbedingt über dieses Projekt auf dem Laufenden gehalten werden und wünsche Ihnen allen viel Erfolg.“ Für Professor Arendes ist der regionale Fokus des Projekts besonders wichtig, denn dieser ist kaum in den Schulbüchern zu finden. Auf diese Weise erfahren die Schüler eine Rückbindung an die eigene Lebenswelt und werden für das wissenschaftliche Arbeiten begeistert. Joachim Philipp, stellvertretender Schulleiter des MBG, wünschte den Schülern viel Spaß bei der „spannenden kriminalistischen Arbeit“.
Beim Arbeitstreffen im Rathaus ging es gleich zur Sache: der „Neckarbote“ der 30er Jahre wurde nach Hinweisen durchforstet.