Vor­trag Medi­en­ab­hän­gig­keit

„Der All­tag ist abhän­gig gewor­den von elek­tro­ni­schen Medi­en und Gerä­ten – das heißt noch nicht, dass wir süch­tig sind!“ So führ­te Han­nah Von­der­lin, aus­ge­bil­de­te Leh­re­rin und Lern­the­ra­peu­tin, in das The­ma ein. Die Mit­ar­bei­te­rin des Lehr­stuhls für Ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gie der PH Hei­del­berg, die neben­bei auch unter­rich­tet und berät, hielt am Don­ners­tag den 17. Mai am Max-Born-Gym­na­si­um in Neckar­ge­münd einen hilf­rei­chen Vor­trag zum Umgang mit Medi­en­ab­hän­gig­keit.

Die Gren­ze zwi­schen vir­tu­el­ler Welt und rea­ler Welt ver­schwimmt zuneh­mend und eine Abgren­zung, ein bewuss­ter Wech­sel wird immer schwie­ri­ger. Wenn Nut­zungs­be­rei­che immer mehr über­lap­pen, bei­spiels­wei­se Gam­ing mit social Media ver­knüpft ist, wird der Druck zur stän­di­gen Akti­on umso grö­ßer.

Wie weit die Zuhö­rer selbst schon gefähr­det sind, konn­ten sie an einem Selbst­test prü­fen, den Sie auch für Ihre Kin­der mit nach Hau­se neh­men konn­ten. Ob eine Abhän­gig­keit vor­liegt, kann an bestimm­ten Ver­hal­tens­wei­sen beob­ach­tet wer­den, etwa an der Abnah­me frü­he­rer Hob­bys, dem Täu­schen von Fami­li­en­mit­glie­dern oder dem Motiv, durch Medi­en­ge­brauch nega­ti­ve Emo­tio­nen zu lin­dern.

Immer­hin 2,8% der Jun­gen und 6.6% der Mäd­chen gel­ten als abhän­gig vom Inter­net. Nut­zungs­be­rei­che sind haupt­säch­lich Sozia­le Netz­wer­ke, Gam­ing, Unter­hal­tung, Sur­fen und Por­no­gra­fie. Wäh­rend Jungs mit 2,0% stär­ker von Com­pu­ter­spie­len abhän­gig sind (Mäd­chen 0,3%), unter­lie­gen Mäd­chen oft stär­ker dem Reiz und Akti­ons­druck sozia­ler Netz­wer­ke.

Pro­ble­ma­ti­sche Fol­gen, die auf­tre­ten, sind etwa: Stö­run­gen bei der Selbst­steue­rung (Auf­schie­ben, gerin­ge Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz, Leis­tungs­ab­fall), bei der Gestal­tung und Pfle­ge von Bezie­hun­gen (Sozia­ler Rück­zug, Kon­flik­te) oder in Bezug auf die Emo­ti­ons­re­gu­la­ti­on (Selbst­wert­pro­ble­me, Kom­pen­sa­ti­on nega­ti­ver Gefüh­le)

Laut Von­der­lin liegt der zen­tra­le Grund der Abhän­gig­keit meist in einer man­geln­den Fähig­keit zur Emo­ti­ons­re­gu­la­ti­on bei nega­ti­ven rea­len Erleb­nis­sen. Selbst ver­meint­lich harm­lo­se Erleb­nis­se füh­ren Jugend­li­che leicht in einen Teu­fels­kreis, da der Aus­gleich mit posi­ti­ven Gefüh­len durch den Medi­en­kon­sum wie­der­um zu einer Ver­stär­kung der Pro­ble­me in der rea­len Welt führt.

Wie kann man nun die Waa­ge hal­ten, also die Medi­en nut­zen, ohne dass die vir­tu­el­le Welt über­hand­nimmt? Damit beschäf­tigt sich das Pro­jekt „PROTECT“ der PH Hei­del­berg, das Schü­le­rin­nen und Schü­lern kom­pe­ten­te und kos­ten­lo­se Hil­fe anbie­tet. Das Max-Born-Gym­na­si­um nimmt bereits im Rah­men der Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­te an die­sem Pro­jekt teil.

Fol­gen­de Ansät­ze wer­den dort unter ande­rem ver­folgt:

  • Nega­ti­ve Gedan­ken durch posi­ti­ve Gedan­ken erset­zen (von „ich wer­de nie…“ zu „ich kann…“)
  • Pro­blem­lö­sungs­fer­tig­kei­ten: Wel­che Alter­na­ti­ven habe ich? Wie kann ich einen Wand­lungs­plan ent­wi­ckeln, gemein­sam mit der Fami­lie?
  • Wie wür­de ich mich von einem Satel­li­ten aus betrach­tet beur­tei­len?
  • Akti­ve Regu­la­ti­on von Emo­tio­nen, Ent­span­nungs­übun­gen, Acht­sam­keits­übun­gen.

Für die Eltern hat Han­nah Von­der­lin am Ende noch ein paar kon­kre­te Emp­feh­lun­gen: die Kin­der auf­merk­sam beob­ach­ten, aber auch Inter­es­se und Ver­trau­en zei­gen, sich selbst in sei­ner Inter­net­nut­zung reflek­tie­ren, Anrei­ze für Inter­es­sen in der rea­len Welt schaf­fen aber auch Nut­zungs­re­geln auf­stel­len und Gren­zen ein- und durch­hal­ten.

Wer Hil­fe benö­tigt, kann sich an das PROTECT Team der PH Hei­del­berg wen­den (www.ph-heidelberg.de/protect) oder direkt an Frau Von­der­lin (lerntherapie@praxis-neckarstaden.de).