Lars Castellucci

Am 15. Juli 2018 besuchte der Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci (SPD) die zehnten Klassen des Max-Born-Gymnasiums in Neckargemünd und stellte sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Geduldig gab der Abgeordnete den Schülerinnen und Schüler einen Einblick in den Arbeitsalltag im Bundestag und diskutierte mit ihnen über aktuelle Fragen. Die Zehntklässler waren von der nahbaren Art des Abgeordneten angetan und wollten seine Meinung zu verschiedenen Politikbereichen erfahren: „Halten Sie die Reichsbürger für ein ernstzunehmendes Sicherheitsproblem?“ „Was ist Ihre Meinung zu der großen Koalition?“ „Worin sehen Sie aktuelle Gefahren für die Demokratie?“.

Die letzte Frage nutzte Herr Castellucci für einen engagierten Aufruf zur Teilhabe an der Demokratie. Selbst wenn man nicht zu den Leuten gehöre, die etwas in der Gesellschaft bewegen wollen, so ist es doch die Pflicht eines Jeden sich vor einer Wahl über Alternativen zu informieren und am Wahltag seine Stimme abzugeben. Ganz im Sinne der Aussage: „Wer in einer Demokratie schläft, wacht in einer Diktatur auf.“ Er wies bei seinen Ausführungen auch auf das Brexit-Votum in Großbritannien als abschreckendes Beispiel für junge Menschen hin. Der Wahlausgang sei darauf zurückzuführen, dass die jungen Britten nicht zur Wahl gegangen seien als sie die Chance dazu hatten. Ihre Pro-Europäische Einstellung hätte deshalb kaum Gewicht gehabt. Nach dem bevorstehenden Austritt aus der Europäischen Union müssten sie dieses Versäumnis, beispielsweise durch schlechtere berufliche Chancen in der Zukunft, teuer bezahlen.

Als Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Migration und Integration und als Mitglied der Bundestagsausschüsse für EU-Fragen und Inneres, war Herr Castellucci besonders in seinem Metier als die Schülerinnen und Schüler auf die aktuelle Asylpolitik zu sprechen kamen. Beim Thema einer möglichen Obergrenze bei der Zuwanderung verwies der Abgeordnete insbesondere auf die geschichtliche Herkunft unseres aktuellen Asylrechts und auf die Erfahrungen zu Zeiten des Nationalsozialismus.  Das Grundrecht auf Asyl könne nicht durch eine Obergrenze beschnitten werden. Er stimmte zwar zu, dass nicht jedes Jahr eine Million Menschen unkontrolliert nach Deutschland kommen könne, lies als Obergrenze aber höchstens die 70 Millionen Menschen zu, die derzeit weltweit auf der Flucht seien. Bei Fragen der europäischen Grenzsicherung sah der Abgeordnete allerdings noch einige ungeklärte Fragen und viele ungelöste Aufgaben für die Politik. Beispielsweise sei die Europäische Agentur Frontex, die zur Grenzsicherung eingesetzt wird, für die Seenotrettung nicht hinreichend ausgestattet. Seiner Meinung nach ist es wichtig und richtig, dass die Europäischen Außengrenzen gesichert werden, um die Freizügigkeit und die offenen Grenzen innerhalb der EU zu erhalten. Dazu brauche es aber insbesondere eine effektivere Seenotrettung, um den zum Teil unmenschlichen Zuständen im Mittelmeerraum entgegenzuwirken. Hierzu berichtete Herr Castellucci den Schülerinnen und Schülern über die Zustände in mehreren Flüchtlingslagern außerhalb der EU. Eine Lösung für diese Misere sei letztendlich nur durch das Schaffen von legalen Zuwanderungswegen nach Europa möglich. Insbesondere für die schwächsten Menschen aus einem Flüchtlingslager, die einen Asylanspruch bei uns haben, solle ein legaler Einreiseweg geschaffen werden. Beim Diskussionspunkt der Flüchtlingsverteilung verwies Herr Castellucci darauf, dass die Solidarität zwischen den EU-Länder zurzeit fehle. Wenn die meisten Flüchtlinge in Italien ankommen, dann müsse sich Deutschland solidarisch zeigen und dem Land helfen den Flüchtlingsstrom zu bewältigen. Deutschland dürfe sich nicht nur darauf beschränken Flüchtlingsströme aus dem Süden Europas einzudämmen, sondern müsse solidarische Lösungen mit seinen Partnern erarbeiten.

Zuletzt entbrannte eine lebhafte Diskussion hinsichtlich der Legalisierung von Cannabis. Eine Abstimmung über das polarisierende Thema unter den Schülerinnen und Schüler ergab ein ausgeglichenes Stimmungsbild mit vielen Enthaltungen. Herr Castellucci nahm dies zum Anlass, den Zehntklässler die Schwierigkeiten im demokratischen Entscheidungsprozess und die Notwendigkeit intensiver Diskussionen zu veranschaulichen.

Am Ende der Veranstaltung wurde der Bundestagsabgeordnete mit Applaus von den Schülerinnen und Schüler verabschiedet. Für sie war es offenkundig nicht selbstverständlich, dass ein Politiker sich trotz seines vollen Terminplanes für sie Zeit genommen und ihnen aus erster Hand einen Einblick in das politische Treiben in Deutschland geben hat. Bürgernähe kommt bei den jungen und zukünftigen Teilnehmern unserer Demokratie eben doch sehr gut an. (Roßmann)