Auf neuen Wegen in besonderen Zeiten

Virtuelle Führung durch die Kunsthalle Mannheim fürs Max-Born-Gymnasium

Seit 14. 3. ist die Kunsthalle Mannheim geschlossen; seit 17. 3. findet an den Schulen des Landes kein Präsenz-Unterricht mehr statt. Wie aber dennoch Schulgemeinschaft und Kunst zusammenbringen? Kunstlehrer Frédéric Briend hat eine Idee: Gemeinsam mit Dr. Dorothee Höfert, Leiterin der Abteilung Kunstvermittlung der Kunsthalle Mannheim, lädt er kurzerhand die ganze Schulgemeinschaft zu einem virtuellen Rundgang durch die aktuelle Foto-Ausstellung ein. Um die Zugangs-Informationen zur Video-Konferenz zu erhalten, musste man einer extra eingerichteten Gruppe im schuleigenen Messenger beitreten, wo die Zugangsdaten bekanntgegeben wurden. Am letzten Freitag vor den Osterferien, dem 3. April, geht eine bunte Truppe von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern mit Briend und Höfert auf Entdeckungsreise durch die sehenswerte Ausstellung. Den sozial-dokumentarischen Fotografien des berühmten Walker Evans aus den 1930er bis 1950er-Jahren sind durch sie inspirierte, aktuelle Werke an die Seite gestellt.
Höfert weist in ihrer abwechslungsreichen Besprechung der Ausstellung auf verschiedene Details hin – zwischendurch ergänzt Briend von seinem Rechner großformatige Ansichten der Fotografien. Man hat als Teilnehmer fast den Eindruck, als Gruppe durch die Ausstellung zu spazieren. Die Stimmung der Bilder ist oftmals bedrückend. Aus den Gesichtern porträtierten Menschen spricht in vielen Fällen Verzweiflung und Bitterkeit, die selbst durch die mehrfache Verflachung (man sieht über Video-Konferenz auf einem geteilten Bildschirm ein abfotografiertes Foto eines Menschen) noch den Betrachter direkt ins Mark trifft. Rundgangs-Teilnehmerin Ana Hartmann kommentiert: „Die Gesichter der ersten Familie werden mich noch lang in meinen Gedanken verfolgen.“

Schulleiter Joachim Philipp dankt abschließend der Kunstvermittlerin Höfert für die „interessanten Einblicke“ während einer spannenden und stressigen Zeit, die – vielleicht wie das Leben einiger der Foto-Motive – von großer Unsicherheit geprägt sei. Briend lobt die Innovationen, die in diesen Wochen an der Kunsthalle stattfinden: Bereits am Vormittag habe Höfert in einem Instagram- und Facebook-Livestream durch die Ausstellung geführt, was auch großen Anklang gefunden habe. Höfert ihrerseits zeigt sich begeistert über die Freiheit und die Möglichkeiten, mit neuen Formen der Kunstvermittlung zu experimentieren. „Wir befinden uns plötzlich in einer Art Parallel-Universum, wo sich uns ganz neue Möglichkeiten zeigen. Und wenn mal etwas nicht funktioniert, ist es auch nicht schlimm.“ Auch Briend freut sich über das „Tolle Highlight“, das am MBG möglich geworden sei, weil die Schule sich in Bezug auf die Digitalisierung „auf den Weg gemacht“ habe.
Trotz der beklemmenden Atmosphäre der Bilder bleibt ein positives Gemeinschafts-Erlebnis. Ein faszinierender Rundgang, der Lust gemacht hat, die Werke auch im Original zu betrachten, wenn die Ausstellung – hoffentlich – über das Ende der Corona-Krise hinaus verlängert werden kann. So kann die digitale Vermittlung von Inhalten nicht nur „Notlösung“ sein, sondern ein neuer Weg, der auch nach der Rückkehr in „normale“ Zeiten sicherlich eine wertvolle Ergänzung sein kann. (We)