Digitale Dialoge – „Ask the curator“ und „Was ist eigentlich ein Bild?“

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Lehren und Lernen zeit- und ortsunabhängig stattfinden kann. Die Rückkehr in den Präsenzunterricht stellt daher zwangsläufig allen am Schulleben Beteiligten die Frage, wie man die Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Monate auch in Zukunft sinnvoll in den Schulalltag integrieren kann. Eine Möglichkeit könnte die virtuelle Vernetzung mit außerschulischen Partnern und Expert:innen sein, die schnell und unkompliziert zu sogenannten „Digitalen Dialogen“ in den Unterricht eingeladen werden können. Hierbei treten Schüler:innen während des Unterrichtes über ein Videokonferenztool mit außerschulischen Partnern oder Expert:innen in Kontakt und tauschen sich mit diesen zu bestimmten Themen aus. Der Leistungskurs Bildende Kunst K2 führte gemeinsam mit dem Kunstlehrer, Frédéric Briend, Ende Juni 2021 gleich zwei „Digitale Dialoge“ durch. Das erste virtuelle Treffen fand mit Dr. Sebastian Baden, Kurator für zeitgenössische Kunst, Skulptur und Neue Medien an der Kunsthalle Mannheim, sowie Dr. Dorothee Höfert, Leiterin der Kunstvermittlung, statt. Themen des gemeinsamen Austausches waren u.a. das Kuratieren von virtuellen und analogen Ausstellungen im musealen Kontext sowie die Veränderung der Museumslandschaft durch die Corona- Pandemie. Dr. Sebastian Baden berichtete den Schüler:innen ausführlich von den vielen Herausforderungen, die bei der Planung und Umsetzung einer Ausstellung als Kurator bewerkstelligt werden müssen. Auf die Frage von Camila, inwiefern sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch in der Kunsthalle Mannheim bemerkbar machen, berichtete Frau Dr. Dorothee Höfert überwiegend von den vielen positiven Erkenntnissen und Erfahrungen, wie z.B. Online-Führungen oder virtuelle Museumsbesuche, die, obwohl die Kunsthalle Mannheim im Bereich „Digitalisierung“ als Kunstmuseum ein Vorreiter in der Region ist, erst durch die Schließungen der Kunsthalle während der Lockdowns verstärkt konzipiert und angeboten worden sind. Dr. Sebastian Baden ergänzte, dass auch die Kunsthalle Mannheim in Zukunft ihr digitales Angebot für Besucher:innen ausbauen wird, zumal die Kunsthalle Mannheim gemeinsam mit dem Kunstmuseum Stuttgart für die Entwicklung digitaler Projekte seit Beginn des Jahres 2020 vom Fonds Digital der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird. „Vom Werk zum Display“, so der Titel des geförderten Projektes, soll in den nächsten Jahren experimentelle Formate konzipieren, die das Potenzial digitalen Kuratierens und Vermittelns ausschöpfen. Trotz der vielen neuen und zukünftigen digitalen Möglichkeiten waren sich am Ende des virtuellen Treffens alle einig, dass das museale Ausstellungserlebnis vor Originalen auch in Zukunft eine Bereicherung für außerschulische Veranstaltungen bleiben wird.
Nur wenige Tage nach dem ersten digitalen Dialog fand bereits ein zweites virtuelles Treffen statt. Dieses Mal traf der Leistungskurs während des Unterrichts online den Künstler Tobias Hantmann. Der 1976 in Kempten geborene Maler studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und an der Hochschule der Künste Berlin, wo er bei Georg Baselitz Gaststudent war. Hantmann, der während der Veranstaltung in seinem Berliner Atelier saß, berichtete zunächst von seinem künstlerischen Werdegang, seiner Arbeitsweise sowie künstlerischen Intention und präsentierte den Schüler:innen ein breites Spektrum an Malereien, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Besonders spannend für die Schüler:innen war dabei seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema „Landschaft“, da eines der aktuellen BK-Schwerpunktthemen der Kursstufe sich ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigt. Hantmann entwickelt seit mehreren Jahren verschiedene Werkgruppen, die grundlegende Fragen zu Malerei und Bildern stellen und deren Bedingungen untersuchen. Hierbei interessiert ihn auch die unterschiedliche Material- und Oberflächenbeschaffenheit seiner Bildträger. So malte er u.a. Lichtreflexionen auf die Böden von Kochtöpfen, monochrome Farbflächen auf großformatiges Schleifpapier oder Stadtansichten in die Oberfläche von Veloursteppichen. Eindrucksvoll berichtete Hantmann von einem gelben Teppich, auf dessen Flor der Velours-Oberfläche er mithilfe verschiedener Werkzeuge wie Pinsel, Nägel oder Linealen die Wasserfontänen des Freudenstädter Marktplatzes nach einer Fotovorlage gekämmt hat. Diesen Teppich nahm Hantmann mit auf einen road-trip durch Deutschland, Österreich, Slowenien und Kroatien, um das Bild mit Rahmen und Beleuchtung an verschiedenen Orten im Freien auszustellen.
Im Anschluss an seine Präsentation trat Hantmann mit den Schüler:innen in einen 60-minütigen Dialog und beantwortete zahlreiche Fragen der Schüler:innen – sowohl zu seinem Leben als freier Künstler und seinen Arbeiten als auch zu den Aufnahmekriterien sowie den Abläufen eines Kunststudiums. Dabei kam auch die Frage auf, ob man sich heutzutage als Künstler in einer Kultur der Digitalität nicht zwangsläufig noch intensiver mit der Frage auseinandersetzen muss: „Was ist eigentlich ein Bild?“