Más que un inter­cam­bio – una expe­ri­en­cia inol­vi­da­ble

Mehr als ein Aus­tausch – eine unver­gess­li­che Erfah­rung

(16.-23.10.2019 Cubas de la Sagra)

Unter tosen­dem Applaus, vor­bei an rot-gel­ben Luft­bal­lons und Schil­dern, die das Max Born Gym­na­si­um will­kom­men hei­ßen, betre­ten 16 müde, aber sehr gespann­te und ziem­lich beein­druck­te Zehnt­kläss­ler die Aula der IES Sor Jua­na de la Cruz in Cubas de la Sagra.  Durch die von der Schü­ler­band zum bes­ten gege­be­nen Rock­songs wer­den alle zum Mit­klat­schen ani­miert und spä­tes­tens nach der Hut-Zere­mo­nie à la Har­ry Pot­ter sind dann auch alle wie­der hell­wach und vol­ler Vor­freu­de. Bereits beim ers­ten Zusam­men­tref­fen zeigt sich, dass die Wochen vor dem Aus­tausch schon eif­rig über die sozia­len Medi­en kom­mu­ni­ziert wur­de und so ent­steht bei der ein oder ande­ren Begrü­ßung der Ein­druck, dass sich hier lang­jäh­ri­ge Freun­de in den Armen lie­gen.

Doch wie kam es eigent­lich zu die­sem deutsch-spa­ni­schen Tref­fen?

Etwa ein hal­bes Jahr zuvor ent­deck­te die Spa­nisch­fach­schaft über die Inter­net­prä­senz des Deut­schen Aka­de­mi­schen Aus­tausch­diens­tes ein Ange­bot von meh­re­ren Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, die auf der Suche nach poten­ti­el­len Part­ner­schu­len waren. Da wir seit Jah­ren erfolg­los dar­um bemüht waren, einen Spa­ni­en­aus­tausch zu eta­blie­ren, hat­ten wir wenig Hoff­nung und waren umso erfreu­ter, als uns bereits nach weni­gen Tagen die Nach­richt einer spa­ni­schen Kol­le­gin erreich­te. Und was für ein Glücks­tref­fer: Die IES Sor Jua­na de la Cruz liegt im Her­zen Spa­ni­ens, ca. 30 km süd­lich von Madrid, also genau dort, wo man das klars­te Spa­nisch spricht. Je mehr wir über die Schu­le erfuh­ren, des­to siche­rer waren wir, dass sie sich her­vor­ra­gend für einen Schü­ler­aus­tausch eig­net.  Der Ort, Cubas de la Sagra, ist eine sym­pa­thi­sche Klein­stadt mit ca. 6000 Ein­woh­nern.

Das wirk­lich Beson­de­re an unse­rer neu­en Part­ner­schu­le ist, dass sie erst seit gut vier Jah­ren exis­tiert. Im kom­men­den Schul­jahr absol­vie­ren die ers­ten Schü­ler ihr Abitur, die Sport­hal­le wur­de erst im letz­ten Jahr fer­tig gestellt, noch gibt es kei­ne Men­sa und nicht alle Räu­me sind bereits mit der nöti­gen Tech­nik aus­ge­stat­tet. Dafür spürt man über­all, dass hier noch vie­les wächst und dass Schü­ler und Leh­rer hier gemein­sam hoch­mo­ti­viert dar­an arbei­ten, eine Schu­le nach ihren Vor­stel­lun­gen zu gestal­ten. Die gro­ße Freu­de und die ehr­li­che Herz­lich­keit, mit der wir hier emp­fan­gen wur­den, hängt sicher auch damit zusam­men, dass das Max-Born-Gym­na­si­um der ers­te inter­na­tio­na­le Koope­ra­ti­ons­part­ner für die IES Sor Jua­na de la Cruz ist. Die bilin­gua­le Aus­rich­tung der Schu­le umfasst neben extra Unter­richts­stun­den auch ver­schie­de­ne Fächer, die auf Eng­lisch gehal­ten wer­den. Assis­tent tea­chers aus den USA unter­stüt­zen zudem das spa­ni­sche Kol­le­gi­um. Da an der Schu­le bis­wei­len kein Deutsch gelernt wird, wur­de sich dar­auf ver­stän­digt, dass beim Aus­tausch in Cubas auf Spa­nisch und in Neckar­ge­münd auf Eng­lisch kom­mu­ni­ziert wird.

Um einen ech­ten Ein­blick in das Leben der spa­ni­schen Jugend­li­chen zu erhal­ten, besuch­ten die Neckar­ge­mün­der Schü­ler an zwei Tagen in Beglei­tung ihrer Aus­tausch­part­ner die Schu­le. Beson­de­re Akti­vi­tä­ten, wie eine Detek­ti­v­jagd, eine Erzähl­werk­statt oder Dis­kus­si­ons­run­den zum Ver­gleich der ver­schie­de­nen Schul­sys­te­me ergänz­ten die Teil­nah­me am nor­ma­len Unter­richt.

Aber nicht nur im schu­li­schen Kon­text beka­men die Schü­ler die Mög­lich­keit, viel Neu­es zu ent­de­cken. Am gemein­sa­men Tag in Madrid lern­ten wir wich­ti­ge Sehens­wür­dig­kei­ten der spa­ni­schen Haupt­stadt ken­nen und kamen außer­dem in den Genuss, das tra­di­tio­nel­le Zar­zue­la Thea­ter zu bewun­dern. Mit etwas müden Füßen ging es, nach einer Erho­lungs­pau­se im Reti­ro Park, wei­ter in den Pra­do, wo wir gemein­sam Meis­ter­wer­ke bedeu­ten­der Künst­ler wie Goya, Veláz­quez, Dürer und El Gre­co näher betrach­te­ten.

Ein wei­te­res High­light war der Besuch in Alcalá de Hena­res. Dort wan­del­ten wir auf den Spu­ren von Miguel de Cer­van­tes und besich­tig­ten unter ande­rem sein Geburtst­haus und die Kir­che, in der der Autor von Don Qui­jo­te getauft wur­de. Doch nicht nur als Hei­mat­stadt des bekann­tes­ten spa­ni­schen Schrift­stel­lers kann Alcalá de Hena­res glän­zen. Auch die ältes­te Uni­ver­si­tät des Lan­des ist hier behei­ma­tet und die Fas­sa­de des Haupt­ge­bäu­des zeugt noch heu­te vom Glanz ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te. Ein beson­de­res High­light war eine von unse­ren spa­ni­schen Gast­ge­bern vor­be­rei­te­te Über­ra­schung: Ein Vio­li­nist beglei­te­te unse­ren Stadt­rund­gang mit sei­ner Gei­ge. So kamen wir an ver­schie­de­nen Orten in den Genuss musi­ka­li­scher Beglei­tung. Von Bach, Vival­di über Jazz und Rock­mu­sik bis hin zu Ed Sheeran und Des­pa­ci­to reich­te das viel­sei­ti­ge Reper­toire, das wir zu hören beka­men. Nach einer Mit­tags­pau­se unter den Säu­len­gän­gen des ehe­ma­li­gen jüdi­schen Vier­tels reis­ten wir noch wei­ter in die Ver­gan­gen­heit zurück. Geführt von einem madri­le­ni­schen Latein­pro­fes­sor erkun­de­ten wir die römi­schen Rui­nen von Comp­lu­tum und ent­deck­ten dabei, dass vor vie­len hun­dert Jah­ren sowohl Spa­ni­en als auch Tei­le Deutsch­lands zum Impe­ri­um Roma­n­um gehör­ten und wir dadurch in gewis­ser Wei­se gemein­sa­me Wur­zeln tei­len – viel­leicht ja des­halb die tol­len Freund­schaf­ten, die sich im Lau­fe der Woche zwi­schen deut­schen und spa­ni­schen Aus­tausch­schü­lern ent­wi­ckelt haben?

Pri­vat unter­nah­men vie­le Schü­ler wei­te­re Aus­flü­ge – etwa nach Tole­do. Die Stadt, die wie kei­ne ande­re als Bei­spiel für inter­kul­tu­rel­len Kon­takt zwi­schen Juden, Mus­li­men und Chris­ten steht, liegt nur etwa 35 km von Cubas de la Sagra ent­fernt. Zudem kamen vie­le Schü­ler am Wochen­en­de in den Genuss die Städ­te Ávila, Sego­via oder wei­te­re Exkur­sio­nen nach Madrid gemein­sam mit ihren Gast­fa­mi­li­en zu unter­neh­men. Dass es – eigent­lich ziem­lich unty­pisch für Spa­ni­en – dabei auch gele­gent­lich ein­mal reg­ne­te, hat dabei sicher kei­nem die Lau­ne ver­dor­ben.

Natür­lich waren wir aber – trotz der span­nen­den Besich­ti­gun­gen – nicht vor allem als Tou­ris­ten nach Spa­ni­en gekom­men.  Es como tener un hijo máses ist wie einen wei­te­ren Sohn zu haben – erklär­te uns bei­spiels­wei­se eine begeis­ter­te Gast­mut­ter nach dem gemein­sa­men Fami­li­en­wo­chen­en­de. Ein deut­scher Schü­ler war ganz begeis­tert von den vie­len kuli­na­ri­schen Erleb­nis­sen: Ich pro­bie­re jeden Tag etwas, das ich vor­her noch nie geges­sen habe und alles ist total lecker. Zusam­men zum Bas­ket­ball­trai­ning oder in die Sprach­schu­le, gemein­sam bum­meln, Freun­de tref­fen oder Zeit mit der Fami­lie ver­brin­gen – all das gehört zu einem Schü­ler­aus­tausch dazu. Eben­so auch die Erfah­rung, dass nicht alles so ist wie zuhau­se: In Spa­ni­en gibt es in den meis­ten Fäl­len Abend­essen nicht vor 22 Uhr, bei ver­spä­te­ter Ankunft zur 1. Stun­de wird das Schul­tor abge­schlos­sen und die Leh­rer wer­den hier gene­rell mit dem Vor­na­men ange­spro­chen – was bei den Neckar­ge­mün­der Schü­lern für gro­ßes Erstau­nen sorg­te. Sicher­lich hat jeder Teil­neh­mer noch eige­ne Beson­der­hei­ten fest­ge­stellt, an die er sich lan­ge erin­nern wird. Wir Leh­rer hof­fen natür­lich außer­dem, dass die vie­len neu­en Voka­beln, die die Schü­ler gelernt haben, nicht so schnell ver­ges­sen wer­den. Die spa­ni­sche Herz­lich­keit mit der wir in Cubas de la Sagra emp­fan­gen wur­den, bleibt uns sicher allen im Gedächt­nis. Wir freu­en uns des­halb schon sehr auf das Wie­der­se­hen mit unse­ren spa­ni­schen Freun­den beim Gegen­be­such im März!

Cari­na Karpf und Fran­zis­ka Lui