Wie war das Leben in der DDR?

„Ihr lebt in einer Demokratie, das ist die einzige Gesellschaftsform, die ihr kennt und ihr genießt eine ziemlich große Meinungsfreiheit. Auch wenn wir natürlich nicht im Paradies leben, ist unser Leben in der BRD sehr viel besser als alles, was man in der DDR erlebt hat! Sorgt in eurem Leben dafür, dass die Demokratie weiter besteht – alle Alternativen sind schlechter,“ rüttelte Rainer Eppelmann die Kursstufenschüler des MBG bei seinem Vortrag am 29. September wach. Eppelmann war, nachdem er im DDR-Regime als Oppositioneller für Aufsehen gesorgt hatte, 1990 Minister für Abrüstung und Verteidigung in der letzten, einzig frei gewählten DDR-Regierung.
Er schilderte den Jugendlichen eindrücklich und lebendig, wie repressiv das Leben in der DDR für Menschen war, die frei ihre Meinung sagen wollten und nicht einverstanden waren mit der Diktatur. Nicht nur aus seinem eigenen Leben, sondern auch aus dem Leben seiner Weggefährten berichtete er, wie schwierig und gefährlich es war, sich für Bürgerrechte und freie Wahlen einzusetzen.
Immer wieder richtete er die Frage an die Schüler: „Was macht das aus Menschen, die nur studieren dürfen oder ein Auto kaufen dürfen oder berufliche Aufstiegschancen haben, wenn sie treu der Staatslinie folgen? Was macht das aus Menschen, wenn sie jeden Tag indirekt erpresst werden, treue Untertanen zu sein?“
Zeit seines Lebens hat sich Rainer Eppelmann politisch engagiert und mit klugen Taktiken und Hartnäckigkeit dafür gesorgt, dass letztendlich die Freiheit siegte. „Wir wollten eine völlig veränderte DDR. Wir wollten eine friedliche Revolution, eine totale Veränderung der Gesellschaft – ohne Tote und ohne Krieg. Wir wussten, dass wir ins Gefängnis kommen, wenn auch nur ein Fehltritt passiert – daher sind wir mit Kerzen in der Hand ganz friedlich marschiert.“ Deshalb und durch die großartigen Neuerungen durch Michail Gorbatschows Politik konnte die Deutsche Einheit letztendlich erreicht werden.
„Die Deutsche Einheit ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist uns auch nicht geschenkt worden von der UNO oder sonst jemandem. Nein, sie musste hart erkämpft werden!“, so Eppelmann.
Er erinnerte an die zigtausend DDR-Bürger, die bei ihren Fluchtversuchen erschossen, verwundet oder eingesperrt worden waren. Manche gingen absichtlich in den Knast, in der Hoffnung, dass sie von der BRD freigekauft werden. Demonstrationen waren nicht zu jedem Anlass erlaubt, so etwas wie Fridays for Future wäre niemals denkbar gewesen. Wenn man sich als Gruppe zusammentun wollte, musste man dies in der Kirche tun.
Eppelmann, der wegen seiner staatsfeindlichen Gesinnung kein Abitur machen durfte und nur zu einer Lehre als Dachdecker und später Mauerer zugelassen wurde, studierte später Theologie und war als Pfarrer tätig. Mehrere Male plante das Ministerium für Staatssicherheit die Ermordung des oppositionellen Pfarrers, doch die Attentate schlugen fehl.
Von 1990 bis 2005 war Rainer Eppelmann Mitglied des Deutschen Bundestags und seit 1998 ist er Vorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Schulleiter Joachim Philipp dankte Rainer Eppelmann sehr herzlich für den lebendigen Vortrag zum Leben in der Diktatur. Möglich gemacht hatte den Besuch Prof. Gert Weisskirchen, ehemaliger Abgeordneter im Bundestag.