Sozialpraktikum 2018/19

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Diese Erkenntnis von Paul Watzlawick sowie weitere wichtige Grundlagen der Kommunikationspsychologie wurden den Neuntklässlern des Max-Born-Gymnasiums am 21. September in der Auftaktveranstaltung zum externen Sozialpraktikum von Schuldekan Manfred Hilkert vermittelt. Die Schüler erkannten anhand von Beispielen aus dem Alltag und Loriots berühmtem „Frühstücksei“, wie wichtig es ist, zwischen der Sach-, der Beziehungs-, der Appell-, und der Selbstoffenbarungsebene einer Nachricht zu unterscheiden. In unserem Alltag spielt Kommunikation eine wichtige Rolle. Wer erfolgreich Kommuniziert – und hierbei zählt vor allem die Körpersprache und der Gesichtsausdruck – ist auch meist erfolgreicher in Beruf und Privatleben.

Neben diesen für das Sozialpraktikum sehr wichtigen Grundlagen vermittelte Hilkert den Schülern das christliche Menschenbild: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wenn ihr merkt, da wird jemandem die Würde aberkannt, dann geht mächtig dagegen. Ich bin wer, ich kann was, ich werde gebraucht – jetzt im Sozialpraktikum werdet ihr ganz deutlich merken, dass es Menschen gibt, die auf euch angewiesen sind und deren Würde ihr achtet, indem ihr ihnen helft.“

Im Klassenverband besuchten die vier neunten Klassen gemeinsam mit ihren Mentorinnen Katrin Kieckhäfer-Wüst, Barbara Laufs, Clarissa Marx und Ana Hartmann im Wechsel je drei Vorträge: Neben Hilkerts Vortrag durften sie auch Silvia Föhrenbach kennen lernen: seit 8 Jahren bringt Silvia Föhrenbach mit ihrem Team den Schülerinnen und Schülern am MBG die Arbeit mit älteren Menschen näher. Die beiden rüstigen Bewohnerinnen Frau Tichy und Frau Wallenwein berichteten von ihrem Leben im Seniorenheim. Beide nehmen an vielen Aktivitäten wie singen, basteln und spazieren gehen teil und haben nette Freunde im Heim gefunden.

Angelika van Boxem, die seit 10 Jahren für die Aktivierung der Bewohner und für die Einteilung der Praktikanten zuständig ist, berichtete von ihrer Arbeit: Einzelbetreuung wie Gespräche, Spaziergänge, Essen anreichen, 2-3 Aktionen am Nachmittag wie Singkreis, Erzählkreis, Gesellschaftsspiele, Ringewerfen, Erinnerungsrunde spezialisiert für Demenzkranke mit Erinnerungskiste, Bewegungsspiele und Malangebote gehören zu ihrem Bereich.

Florian Föhrenbach, stellvertretende Heimleitung und B.Sc. für Gesundheitsökonomie und selbst examinierter Altenpfleger berichtete von der vielseitigen Ausbildung und den zukunftsträchtigen Berufschancen in der Altenpflege: bis zum Jahr 2025 fehlt es in Deutschland an 140.000 bis 200.000 ausgebildeten Pflegekräften.

Petra Liedvogel, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Kleingemünd sprach über soziale Kompetenz in Kindertagesstädten. Zunächst sammelten die Schüler: Was sind soziale Kompetenzen? Respekt, Kommunikation, Disziplin, Anpassungsfähigkeit, Empathie, Teamfähigkeit.

Diese „soft skills“ werden lebenslang im Kontakt mit anderen Menschen verfeinert und erweitert.

Soziale Kompetenzen werden in der Kindheit aufgebaut, sie befähigen einen Menschen in sozialen Bezügen selbständig und handlungsfähig zu sein. Im Kindergartenalltag lernen die Kinder, sich über unterschiedliche Erwartungen zu verständigen, Konflikte auszuhandeln und Kompromisse zu schließen, Verantwortung für sich und andere, vor allem für Schwächere zu übernehmen und Regeln für das Zusammenleben zu vereinbaren.

„So, was sind jetzt eure Aufgaben als Praktikanten in der Einrichtung?“, wollte Petra Liedvogel von den Schülern wissen. Konsequentes Handeln, Vorbildfunktion, kein Handygebrauch, kein Cola- oder Süßigkeitenverzehr, respektvolles Verhalten gegenüber den Erziehern und Erzieherinnen, Sprachkompetenz (keine Schimpfwörter keine Jugendsprache), die eigenen Bedürfnisse müssen zurückgestellt werden.

Die Neuntklässler des MBG erkannten, dass auch bei einen Praktikumsplatz im Kindergarten sehr viele Dinge beachtet werden müssen und dass sie nun eine ganz neue Rolle haben.

 

Konflikt-KULTUR

„Ich habe gestern und heute sehr viel gelernt über Selbstdisziplin, Ehrlichkeit, Fairness und Respekt. Es war anstrengend, aber das Sozialtraining hat uns alle ein Stück weitergebracht“, so Tim aus der 5b. Sein Klassenkamerad Noah ergänzt: „Die beiden Trainer waren sehr nett und geduldig. Sie haben uns in Rollenspielen beigebracht, wie man Konfliktsituationen durch ‚gewaltfreie Selbstbehauptung‘ lösen kann. Das war super!“

„Konflikt-KULTUR“ nennt sich das Programm, auf dem das Sozialtraining am Max-Born-Gymnasium basiert. Es findet für jede fünfte Klasse bereits in der zweiten Schulwoche statt, beruht auf den Menschenrechten und ist ein wichtiger Baustein der Arbeit in der Orientierungsstufe am MBG. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten gemeinsam, weshalb es wichtig ist, anderen respektvoll zu begegnen und zwar sowohl physisch als auch psychisch. So sind Verletzungen „an Herz und Seele“ genauso tabu wie „körperliche“ Verletzungen oder der sorglose Umgang mit dem Eigentum anderer. Dies bedeutet natürlich, dass „Spielregeln“ für die Klassengemeinschaft erarbeitet werden müssen. Lana aus der 5b fand das gemeinsame Erarbeiten der Klassenregeln am spannendsten: „Wir konnten selbst festlegen, wie wir unsere Regeln formulieren – jedes einzelne Wort war dabei sehr wichtig.“

Zum Sozialtraining gehört am MBG auch ein gemeinsamer Ausflug: Bei einer Klassen-Kanufahrt auf dem Neckar können die neuen Spielregeln des Miteinanders gleich ausprobiert werden: Nur wenn alle zusammenarbeiten, können die vier schweren Katamarane ins Wasser gelangen; nur wenn alle aufeinander achten und ‚im Takt‘ bleiben, kommt man vorwärts auf Elsenz und Neckar. Thomas Strifler vom Kanuverleih Neckargemünd verknüpfte seine begleitete Kanutour mit dem Sozialtraining. Schon während den Vorbereitungen und dem Aufwärmen, aber auch während der Tour und in der Abschlussrunde wurden zentrale Elemente des Sozialtrainings aufgegriffen.

Am Max-Born-Gymnasium, einer Schule mit sozialem Profil, sammelt man seit vier Jahren Erfahrungen mit dem Programm „Konflikt-KULTUR“  und jedes Jahr wird das Sozialtraining am MBG weiter ausgefeilt, denn die positiven Effekte sind deutlich zu sehen: Die Klassenlehrerteams des MBG beobachten deutliche Verbesserungen des Klassenklimas, des Klassenzusammenhalts, der gegenseitigen Wertschätzung und des Arbeits- und Lernklimas.

Seit dem letzten Schuljahr lassen sich 16 Kolleginnen und Kollegen im Programm „Konflikt-KULTUR“ ausbilden. Erst im nächsten Schuljahr wird die umfangreiche Ausbildung abgeschlossen sein. Der Freundeskreis des Max-Born-Gymnasiums konnte aufgrund der Förderung durch die Hanna Weiss-Stiftung, die Dietmar Hopp-Stiftung, die Sparkasse Heidelberg und eigene Gelder die Ausbildung der Lehrkräfte möglich machen. Auch von den Schülerinnen und Schülern kam ein Beitrag: bei einem Spendenlauf hatten sie 1000€ erlaufen.

Einschulungsgottesdienst

Am Freitag, den 14. September 2018 hieß es für die neuen 5ten Klassen des MBG und ihre Klassenlehrerteams: „Ab zum Einschulungsgottsdienst in die Arche Neckargemünd“.

Schon gleich zu Anfang merkte man, dass Dr. Heike Vierling-Ihrig und Manfred Hilkert, Schuldekan, den Gottesdienstes liebevoll durchdacht und aufwendig geplant haben. Die neuen Fünftklässler durften mit ihren Klassenlehrern durch ein Segenspalier in den Gottesdienst eintreten und begaben sich auf ihre Plätze. Anfangs waren die Kinder nervös, da sie nun in eine ganz neue Schule gehen. Doch trotz dieser Umstellung konnte man deutlich die Freude aus ihren Gesichtern ablesen, etwas ganz Neues zu entdecken und zu erleben in den kommenden Schuljahren am Max-Born-Gymnasium.

Passend zum Thema „Unter Gottes Schirm“ sammelten die Kinder gemeinsam mit Frau Dr. Vierling-Ihrig Dinge, die vom Himmel kommen oder von oben herabfallen. Es gab Vorschläge wie Regen oder Blitze, ja sogar Ufos wurden genannt, und den Kindern wurde klar, dass sie durch einen Schirm vor Unwetter wie Regen oder auch zu starkem Sonnenschein geschützt werden können. Sie erfuhren ebenfalls, dass sie unter Gottes Schirm Schutz und Begleitung, Hilfe und Trost finden können, denn Gott lässt niemanden alleine – in schönen wie in schweren Zeiten ist er bei uns. Gott tröstet, macht Mut und gibt Hoffnung.

Die Kinder durften weiterhin aktiv werden: sie sangen mit Schuldekan Hilkert das Lied „Vom Aufgang der Sonne“ und machten dazu passende Bewegungen. Da sie so gut mitgemacht haben, konnte das Lied sogar im Kanon gesungen werden und sie schafften es tatsächlich, nicht aus dem Takt zu kommen.

Daraufhin stellte sich die diesjährige Fachschaft für Religion vor. Damit auch sie „unter Gottes Schirm“ stehen, klebten die Religionslehrer alle einen Zettel mit ihrem Namen an einen großen Schirm. Als die Kinder hörten, wen sie in diesem Jahr im Fach Religion als Lehrer bekommen werden, freuten sich schon alle auf den Religionsunterricht in ihren neuen Klassen.

Natürlich durften die Kinder auch unter „Gottes Schirm“, indem sie sich klassenweise mit ihrem Klassenlehrerteam unter ein Schwungtuch stellten, welches von der Religionsfachschaft gehalten wurde. Auch Eltern, die beim Gottesdienst dabei waren, wurden herzlich dazu aufgerufen sich mit den Kindern unter „Gottes Schirm“ zu stellen und sich von Frau Dr. Vierling-Ihrig segnen zu lassen.

Danach bekamen die Kinder alle einen kleinen bunten Zettel mit einem aufgedruckten Schirm, auf den sie in ihrer ersten Religionsstunde Wünsche und Gedanken für einen ihrer neuen Klassenkameraden/innen schreiben können und man hörte in ein paar Ecken schon so manche Idee, die dem Nachbarn zugeflüstert wurde.

Zum Abschluss des einstündigen Gottesdienstes wurde das Lied „Möge die Straße“ voller Elan gesungen und die Kinder gingen als stolze neue Fünftklässer, voller Freude auf spannende weitere Schuljahre unter Gottes Schirm zurück an ihre neue Schule, die ihnen nun schon ein bisschen weniger fremd vorkam.

Paula Weigel