„Altenpflege kann sehr gut duften!“

Einführungsveranstaltung zum Sozialpraktikum der Neuntklässler am MBG

„Ich freue mich drauf, den Kindergarten mal aus einer anderen Perspektive zu sehen als aus der Kindersicht!“ – Felix (Klasse 9c) hat schon konkrete Vorstellungen von seinem Sozialpraktikum, das er, wie alle Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen am Max-Born-Gymnasium, dieses Jahr absolvieren wird. 20 Stunden in einer gemeinnützigen Einrichtung gehören zu den Anforderungen der Schule. Andere Klassenkameraden waren eher zurückhaltend und konnten sich vor der heutigen Einführungsveranstaltung noch nicht so recht vorstellen, was auf sie zukommt.

Am 24. 9. lernten die Jugendlichen am MBG aus erster Hand wesentliche Grundlagen und hörten gleichzeitig einiges über mögliche Einsatzorte. Petra Liedvogel, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte in Kleingemünd, informierte über das Wesen der sozialen Kompetenz als schwer abzuprüfende „soft skills“, und ließ die Neuntklässler darüber nachdenken, wie und unter welchen Rahmenbedingungen diese Fähigkeiten des Miteinanders erworben werden können.

Dass der Umgang miteinander nicht nur aus verbalen Unterhaltungen besteht, sondern immer verschiedene Ebenen des sozialen Austauschs betroffen sind, war Inhalt des Vortrags von Schuldekan Manfred Hilkert. Er brachte den Kindern die „Vier Seiten einer Nachricht“ nach Schulz von Thun näher und bereitete sie darauf vor, dass – gleich in welcher Einrichtung sie ihr Praktikum ableisten werden – Auftreten, Gestik und Mimik mindestens genau so wichtig sind wie ihre Worte. Hier verwies er tagesaktuell auch auf die am Vortag gehaltene, emotionale Rede von Greta Thunberg in New York, die sicher noch mehr wegen ihrer Emotionalität als wegen ihrer Worte in Erinnerung bleiben werde.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit fürs Sozialpraktikum wurde gleich von einer ganzen Delegation vorgestellt. Silvia Föhrenbach, die Geschäftsführerin des gleichnamigen privaten Seniorenheims in Bammental, hatte Verstärkung mitgebracht: Angelika van Boxem, u. a. für die Betreuung der Praktikanten zuständig, sprach vor allem über die Arbeit in der Aktivierung und Beschäftigung der Senioren. Hier können die künftigen Praktikanten mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Gesellschaftsspiele spielen, sie auf Spaziergängen begleiten, das Essen servieren oder auch malen und basteln. Die beiden freundlichen Heimbewohnerinnen, Frau Heinlein und Frau Zenzius boten einen kleinen Einblick in ihren Alltag im Heim. Der stellvertretende Heimleiter Florian Föhrenbach nutzte die Gelegenheit, die Werbetrommel für den vielseitigen und wichtigen Beruf in der Altenpflege zu rühren. Die Aussicht, dass in Kürze an die 200 000 Stellen in der Pflege fehlen werden, sorgte bei den Jugendlichen für einige Verwunderung, und die genannten Verdienstmöglichkeiten ließen so manchen ins Nachdenken kommen. Föhrenbach hatte darüber hinaus für alle Sinne gesorgt: Eine Aromatherapie- Duftlampe aus dem Heim verströmte frische Aromen im ganzen Raum, und er hatte sogar eine duftende Handcreme zum Testen dabei („Das dürfen auch Männer!“), die auch in der Pflege eingesetzt wird.

Gemeinsam mit ihren Klassenlehrern und -lehrerinnen Claus Ripp, Max Schwemlein, Isabelle Nikolajewicz und Ulrike Schiefer-Schilling besuchten die 9. Klassen im Rotations-System die drei Vorträge. Warum Frau Föhrenbach seit so vielen Jahren mit dem MBG zusammenarbeitet und ständig Schulpraktikantin betreut? Das sei eine Win-Win-Situation. „Die Jugendlichen sind eigentlich immer interessiert, nett und höflich. Und für die alten Menschen ist es eine willkommene Abwechslung, wenn die Schülerinnen und Schüler sich mit ihnen unterhalten und mit ihnen spielen. Manchmal kommen sogar Jugendliche nach Abschluss des Praktikums wieder und besuchen ihre neu gewonnenen Freunde. Das ist dann immer besonders schön zu sehen!“

Sozialpraktikum 2018/19

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Diese Erkenntnis von Paul Watzlawick sowie weitere wichtige Grundlagen der Kommunikationspsychologie wurden den Neuntklässlern des Max-Born-Gymnasiums am 21. September in der Auftaktveranstaltung zum externen Sozialpraktikum von Schuldekan Manfred Hilkert vermittelt. Die Schüler erkannten anhand von Beispielen aus dem Alltag und Loriots berühmtem „Frühstücksei“, wie wichtig es ist, zwischen der Sach-, der Beziehungs-, der Appell-, und der Selbstoffenbarungsebene einer Nachricht zu unterscheiden. In unserem Alltag spielt Kommunikation eine wichtige Rolle. Wer erfolgreich Kommuniziert – und hierbei zählt vor allem die Körpersprache und der Gesichtsausdruck – ist auch meist erfolgreicher in Beruf und Privatleben.

Neben diesen für das Sozialpraktikum sehr wichtigen Grundlagen vermittelte Hilkert den Schülern das christliche Menschenbild: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wenn ihr merkt, da wird jemandem die Würde aberkannt, dann geht mächtig dagegen. Ich bin wer, ich kann was, ich werde gebraucht – jetzt im Sozialpraktikum werdet ihr ganz deutlich merken, dass es Menschen gibt, die auf euch angewiesen sind und deren Würde ihr achtet, indem ihr ihnen helft.“

Im Klassenverband besuchten die vier neunten Klassen gemeinsam mit ihren Mentorinnen Katrin Kieckhäfer-Wüst, Barbara Laufs, Clarissa Marx und Ana Hartmann im Wechsel je drei Vorträge: Neben Hilkerts Vortrag durften sie auch Silvia Föhrenbach kennen lernen: seit 8 Jahren bringt Silvia Föhrenbach mit ihrem Team den Schülerinnen und Schülern am MBG die Arbeit mit älteren Menschen näher. Die beiden rüstigen Bewohnerinnen Frau Tichy und Frau Wallenwein berichteten von ihrem Leben im Seniorenheim. Beide nehmen an vielen Aktivitäten wie singen, basteln und spazieren gehen teil und haben nette Freunde im Heim gefunden.

Angelika van Boxem, die seit 10 Jahren für die Aktivierung der Bewohner und für die Einteilung der Praktikanten zuständig ist, berichtete von ihrer Arbeit: Einzelbetreuung wie Gespräche, Spaziergänge, Essen anreichen, 2-3 Aktionen am Nachmittag wie Singkreis, Erzählkreis, Gesellschaftsspiele, Ringewerfen, Erinnerungsrunde spezialisiert für Demenzkranke mit Erinnerungskiste, Bewegungsspiele und Malangebote gehören zu ihrem Bereich.

Florian Föhrenbach, stellvertretende Heimleitung und B.Sc. für Gesundheitsökonomie und selbst examinierter Altenpfleger berichtete von der vielseitigen Ausbildung und den zukunftsträchtigen Berufschancen in der Altenpflege: bis zum Jahr 2025 fehlt es in Deutschland an 140.000 bis 200.000 ausgebildeten Pflegekräften.

Petra Liedvogel, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Kleingemünd sprach über soziale Kompetenz in Kindertagesstädten. Zunächst sammelten die Schüler: Was sind soziale Kompetenzen? Respekt, Kommunikation, Disziplin, Anpassungsfähigkeit, Empathie, Teamfähigkeit.

Diese „soft skills“ werden lebenslang im Kontakt mit anderen Menschen verfeinert und erweitert.

Soziale Kompetenzen werden in der Kindheit aufgebaut, sie befähigen einen Menschen in sozialen Bezügen selbständig und handlungsfähig zu sein. Im Kindergartenalltag lernen die Kinder, sich über unterschiedliche Erwartungen zu verständigen, Konflikte auszuhandeln und Kompromisse zu schließen, Verantwortung für sich und andere, vor allem für Schwächere zu übernehmen und Regeln für das Zusammenleben zu vereinbaren.

„So, was sind jetzt eure Aufgaben als Praktikanten in der Einrichtung?“, wollte Petra Liedvogel von den Schülern wissen. Konsequentes Handeln, Vorbildfunktion, kein Handygebrauch, kein Cola- oder Süßigkeitenverzehr, respektvolles Verhalten gegenüber den Erziehern und Erzieherinnen, Sprachkompetenz (keine Schimpfwörter keine Jugendsprache), die eigenen Bedürfnisse müssen zurückgestellt werden.

Die Neuntklässler des MBG erkannten, dass auch bei einen Praktikumsplatz im Kindergarten sehr viele Dinge beachtet werden müssen und dass sie nun eine ganz neue Rolle haben.

 

Konflikt-KULTUR

„Ich habe gestern und heute sehr viel gelernt über Selbstdisziplin, Ehrlichkeit, Fairness und Respekt. Es war anstrengend, aber das Sozialtraining hat uns alle ein Stück weitergebracht“, so Tim aus der 5b. Sein Klassenkamerad Noah ergänzt: „Die beiden Trainer waren sehr nett und geduldig. Sie haben uns in Rollenspielen beigebracht, wie man Konfliktsituationen durch ‚gewaltfreie Selbstbehauptung‘ lösen kann. Das war super!“

„Konflikt-KULTUR“ nennt sich das Programm, auf dem das Sozialtraining am Max-Born-Gymnasium basiert. Es findet für jede fünfte Klasse bereits in der zweiten Schulwoche statt, beruht auf den Menschenrechten und ist ein wichtiger Baustein der Arbeit in der Orientierungsstufe am MBG. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten gemeinsam, weshalb es wichtig ist, anderen respektvoll zu begegnen und zwar sowohl physisch als auch psychisch. So sind Verletzungen „an Herz und Seele“ genauso tabu wie „körperliche“ Verletzungen oder der sorglose Umgang mit dem Eigentum anderer. Dies bedeutet natürlich, dass „Spielregeln“ für die Klassengemeinschaft erarbeitet werden müssen. Lana aus der 5b fand das gemeinsame Erarbeiten der Klassenregeln am spannendsten: „Wir konnten selbst festlegen, wie wir unsere Regeln formulieren – jedes einzelne Wort war dabei sehr wichtig.“

Zum Sozialtraining gehört am MBG auch ein gemeinsamer Ausflug: Bei einer Klassen-Kanufahrt auf dem Neckar können die neuen Spielregeln des Miteinanders gleich ausprobiert werden: Nur wenn alle zusammenarbeiten, können die vier schweren Katamarane ins Wasser gelangen; nur wenn alle aufeinander achten und ‚im Takt‘ bleiben, kommt man vorwärts auf Elsenz und Neckar. Thomas Strifler vom Kanuverleih Neckargemünd verknüpfte seine begleitete Kanutour mit dem Sozialtraining. Schon während den Vorbereitungen und dem Aufwärmen, aber auch während der Tour und in der Abschlussrunde wurden zentrale Elemente des Sozialtrainings aufgegriffen.

Am Max-Born-Gymnasium, einer Schule mit sozialem Profil, sammelt man seit vier Jahren Erfahrungen mit dem Programm „Konflikt-KULTUR“  und jedes Jahr wird das Sozialtraining am MBG weiter ausgefeilt, denn die positiven Effekte sind deutlich zu sehen: Die Klassenlehrerteams des MBG beobachten deutliche Verbesserungen des Klassenklimas, des Klassenzusammenhalts, der gegenseitigen Wertschätzung und des Arbeits- und Lernklimas.

Seit dem letzten Schuljahr lassen sich 16 Kolleginnen und Kollegen im Programm „Konflikt-KULTUR“ ausbilden. Erst im nächsten Schuljahr wird die umfangreiche Ausbildung abgeschlossen sein. Der Freundeskreis des Max-Born-Gymnasiums konnte aufgrund der Förderung durch die Hanna Weiss-Stiftung, die Dietmar Hopp-Stiftung, die Sparkasse Heidelberg und eigene Gelder die Ausbildung der Lehrkräfte möglich machen. Auch von den Schülerinnen und Schülern kam ein Beitrag: bei einem Spendenlauf hatten sie 1000€ erlaufen.