„Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Einweihung des Creative Lab am Max-Born-Gymnasium

Etwas außer Atem betritt Bürgermeister Frank Volk das Schulgebäude: „Ich musste erst noch den großen Rechner herunterfahren – wir haben so viel Geld für die Digitalisierung unserer Neckargemünder Schulen ausgegeben, dass mir ganz schwindelig wird.“ – Dass dieses Geld optimal angelegt ist und zudem auch noch aus anderen „Quellen“ ergänzt wurde, davon konnte sich Volk am 14. Juli 2020 am MBG überzeugen: Das neu eingerichtete „Creative Lab“ wurde offiziell eingeweiht. Ein transportabler Greenscreen (nutzbar z. B. als virtuelles Nachrichtenstudio) wird ergänzt durch einen großen Flatscreen-Monitor mit integriertem Apple AirPlay; zwei VR-Brillen ermöglichen das virtuelle Reisen in die entlegensten Gegenden der Erde, das Innere eines Bienenstocks oder der Blutgefäße des Menschen. An mobilen Stehtisch-Modulen stehen Lehrkräfte oder auch Schüler*innen-Gruppen in zwanglos-konstruktiver Atmosphäre oder sitzen auf Barhockern und diskutieren, beraten, probieren aus. Komplettiert wird das Angebot durch zwei Taschen mit insgesamt 20 voll ausgestatteten iPads mit Apple Pencils und jeder Menge Bildungs-bezogener Apps, die man für den Unterricht im Klassenzimmer ausleihen kann.

Schule der Zukunft? Sicher, aber am Max-Born-Gymnasium schon heute Realität. Ermöglicht wurde das von Kunstlehrer Frédéric Briend maßgeblich initiierte, mit viel Elan und Engagement immer wieder vorangetriebene und von großer Kreativität geprägte Projekt durch großzügige Spenden und Beteiligungen der Hopp-Foundation, des Freundeskreises des Max-Born-Gymnasiums, der Volksbank Neckartal und nicht zuletzt der Stadt Neckargemünd mit den ersten Geldern aus dem Digitalpakt-Budget. Volk: „Dieses Geld geben wir gern aus und tragen den Teil der Stadt zur Ausstattung unserer Schulen bei. Wenn nicht jetzt, wann dann? Jetzt gerade ist jedem bewusst geworden, wie wichtig die digitale Bildung ist, und wir setzen alles daran, diese Möglichkeiten gemeinsam im Zusammenwirken aller Beteiligten umzusetzen.“

Schulleiter Joachim Philipp freut sich über die verlässlichen Partner, die die Schule so regelmäßig und vielfältig unterstützen und gerade für dieses Projekt tief in die Tasche gegriffen haben. Mit Geldern des Digitalpakts werden zudem auch demnächst noch 12 weitere Klassenräume des Gymnasiums mit interaktiven Beamern und neuen Whiteboards ausgestattet. Besonders hebt Philipp das Engagement des Kollegen hervor. „Herr Briend hat hier viele Stunden seiner Zeit investiert – so wie auch andere Kolleginnen und Kollegen in der letzten Zeit über sich hinausgewachsen sind und die Schülerinnen und Schüler mit digitalen Mitteln durch die Zeit der Schulschließung und den Fernunterricht begleitet haben. Ohne solches Engagement wäre dies hier nicht möglich.“

Gepa Häusslein, Geschäftsführerin der Hopp-Foundation, stimmt zu: „Geräte allein machen noch keinen guten Unterricht. Alles wird getragen und umgesetzt von den Lehrkräften. Gerade auch für diese ist der geschützte Rahmen hier in diesem Kreativ-Raum Gold wert, weil man hier ausprobieren, Fehler machen, Hemmungen abbauen und sich gegenseitig unterstützen kann.“

Anita Weißenbach, Vorsitzende des Freundeskreises, lobt, dass die Schule bereits hervorragend digital aufgestellt sei, diese Ergänzung aber noch eine Lücke schließe. „Als die Schulen wegen Corona dichtmachen mussten, war es gut zu sehen, dass am MBG vieles quasi nahtlos weitergehen konnte, auch durch das große Engagement der Lehrkräfte und die bereits jetzt genutzten digitalen Möglichkeiten. In Zukunft können dann auch die Kinder noch einmal anders kreativ werden und zum Beispiel Erklärfilme, die sie während des Fernunterrichts vor allem angeschaut haben, künftig auch selbst erstellen.“

Briend versichert, dass selbstverständlich auch weiterhin mit Pinsel, Farbe und Tonklumpen gearbeitet werde, und auch das Lesen und Schreiben nicht abgeschafft werde. „Wir wollen die Kulturfertigkeiten ja nicht ersetzen, sondern ergänzen und unterstützen.“ Am Beispiel des Kunst-Unterrichts erläutert er die Möglichkeiten, die durch die Integration digitaler und analoger Methoden entstehen: „Eine Schülerin kann ein Foto ihres auf Papier begonnenen Kunstwerks digital weiterbearbeiten. So kann sie vorab herausfinden, wie z. B. das Einfügen einer Komplementärfarbe ihr Werk verändern würde, ohne dass sie gleich ihr Original-Produkt damit beeinflusst – man hat sozusagen eine Was-Wäre-Wenn-Option. Wenn sie mit dem digitalen Ergebnis zufrieden ist, setzt sie das dann in die Realität um, wieder mit Pinsel und Farbe.“

Auch die Möglichkeiten der „Augmented Reality“ stellt Briend vor: wenn aus alltäglichen Objekten vor dem Auge der iPad-Kamera dreidimensionale Filme werden, dann bieten sich ganz neue Möglichkeiten der Entdeckungsreisen. Auch Schulleiter Philipp, selbst Geschichtslehrer, berichtet von einer Studienfahrt, auf der man per VR-Brille die Umgebung der Altstadt in den Zeiten der Antike oder des Mittelalters betrachten konnte und so durch das direkte Erlebnis die damalige Welt ganz anders erfahrbar werde. Dies ist jetzt auch am MBG möglich „Da kommen dann die Alte und die Neue Welt ganz nah zusammen“, strahlt er.

Alexander Gärtner, Geschäftsstellenleiter in Neckargemünd der Volksbank Neckartal, staunt über die vorgestellten Möglichkeiten der digitalen Bildung: „So etwas hätte ich mir früher als Schüler auch gewünscht.“

Begeistert berichtet Briend von den Erfahrungen in seinem Kunst-Leistungsfach, wo die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den neuen iPads arbeiten und sich gegenseitig bei Fragen und Problemen weiterhelfen, so dass selbst Briend als Experte noch manchen Kniff und Trick lernen kann. Das Creative Lab sieht er als Raum für den digitalen Bildungs-Aufbruch an der Schule. „Ich möchte hier gar nicht Tonangeber sein, sondern einen Ort für Treffen und Austausch untereinander schaffen. Deshalb ist hier auch alles so modular und flexibel, denn alles soll sich den Bedürfnissen der beteiligten Personen und den jeweiligen Zielen des Unterrichts anpassen.“ (We)

„Sneak Preview“ im Creative Lab am MBG

Smartboards, zwei schuleigene Apps, klassensatzweise Tablet-Computer, Creative Lab, Leih-iPads, Smart Beamer, Dokumentenkameras… Nicht erst seit der Pandemie ist die Kreide-Zeit am Max-Born-Gymnasium auf dem Rückzug, und Vermittlung und Erarbeitung von Bildung und Wissen finden immer mehr auf digitalem Wege statt.
Spätestens seit der Schulschließung ist jedem klar, welchen unschätzbaren Wert die digitale Kommunikation der Schüler*innen untereinander und mit ihren Lehrkräften hat.

Seit vielen Jahren einer der Vorreiter der anwendungs-orientierten digitalen Medien am MBG ist Kunstlehrer Frédéric Briend. So hat er inzwischen mit Unterstützung verschiedener Kooperationspartner (u. a. Volksbank, Freundeskreis, Hopp Foundation), viel eigener Kreativität und einer Mischung aus cleverem Erfindungsgeist und dem Blick auf anderswo bereits bestehende gute Lösungen ein „Creative Lab“ eingerichtet, wo Schüler*innen wie auch Lehrkräfte an modularen Stehtischen gemeinsam lernen, ausprobieren, kennenlernen, beraten und sich weiterbilden können.

Als besonders enge Kooperationspartner erhielten am 1. Juli der Leiter des Medienzentrums Heidelberg, Robert Bittner, und die Leiterin der Kunstvermittlung an der Kunsthalle Mannheim, Dr. Dorothee Höfert, einen exklusiven „Sneak Preview“  in das neu eingerichtete Lab, noch bevor es am 14. 7. offiziell eingeweiht wird. Höfert, Bittner und Briend tauschten sich unter anderem über Möglichkeiten und Grenzen der VR-Technologie aus, und wie man diese in den verschiedenen Fächern und Anwendungsgebieten nutzen könnte.

Aber auch andere Möglichkeiten der Integration von Medien und Bildung wurden betrachtet: Ein transportabler Greenscreen wird im Creative Lab ergänzt durch einen großen Flatscreen-Monitor mit integriertem Apple Airplay.  20 iPads stehen als kleiner Klassensatz zum Ausleihen bereit. „Diese sind sehr beliebt. Momentan sind ja nur halbe Klassen im Unterricht, so dass wir mit den 20 iPads auskommen. Ich könnte sie aber in vielen Stunden auch doppelt vergeben“, erzählt Briend. Begeistert präsentiert er Anwendungen der „augmented reality“, wo zum Beispiel die Teilnehmer eines Streichquartetts richtiggehend plastisch auf dem Tisch erschienen. Durch Hinzufügen oder Wegnehmen einzelner Karten können die Schüler*innen die Veränderung am Klang durch das betreffende Instrument beobachten. So wird anders als bei einem einfachen Video ein direkteres Erleben für die Schüler*innen ermöglicht. Für diese Art von Anwendung muss nur ein einziges iPad beispielsweise mit dem Beamer im Klassenzimmer verbunden werden.

Briend berichtet von einer Aufbruchstimmung unter den Kolleg*innen: „Viele haben sich für Seminare und Fortbildungen angemeldet oder bilden sich selbstständig weiter. Meine Kolleg*innen haben richtig Lust bekommen, digitale Methoden auszuprobieren und einzusetzen.“ Schulleiter Joachim Philipp freut sich über diesen Enthusiasmus. „Das iPad-Fieber scheint auch wie ein Virus um sich zu greifen – im positiven Sinne. Viele Kolleginnen und Kollegen sind mit großem Elan dabei, ihren digital gestützten Unterricht weiterzuentwickeln“, schwärmt er.

Eine besondere Ergänzung der digitalen Bildung hatte auch Bittner im Gepäck: „Wir suchen Schulen als Kooperationspartner, die uns von ihren Erfahrungen mit einem von uns zur Verfügung gestellten 3D-Drucker berichten könnten“. Ob das Max-Born-Gymnasium wohl interessiert sei? – Die Antwort waren leuchtende Augen: Sofort fielen allen zahlreiche Einsatzmöglichkeiten ein. Ob im Bereich Kunst (z. B. in der Gegenüberstellung von „analog“ aus Pappe und Klebstoff hergestellten Modellen und ausgedruckten virtuell designten Modellen) oder auch im Fachbereich Naturwissenschaft und Technik: Ideen sind schon jetzt reichlich vorhanden.       (We)